Berlin erwartet die Fußball-Europameisterschaft. Das Olympiastadion und die Alte Försterei sind moderne Arenen, danach kommt eine ganze Weile nichts. Die bisherige Nummer drei, der Jahnsportpark, steht nicht mehr Verfügung. Hier werden allerdings wohl noch die Heimspiele des American Football Teams Berlin Thunder ausgetragen. Er wird anschließend komplett neu gestaltet. So stand der Berliner Fußballverband mal wieder vor Frage, wo kann das Landespokalfinale ausgetragen werden. In den vergangenen Jahren war es das Mommsenstadion. Das 1930 eröffnete Stadion (zuletzt renoviert zur WM 2006) ist in die Jahre gekommen und wird aktuell instandgesetzt und hergerichtet als Trainingsgelände für die Europameisterschaft. So führte der Weg für die Besucher des Pokalfinales, Jahrgang 2024 in den Stadtbezirk Lichtenberg, zur Heimstätte des Oberligisten Lichtenberg 47. „HOWOGE-Arena Hans Zoschke“, so der etwas umständliche Name des etwa 10.000 Zuschauer fassenden Stadions an der Ruschestraße. Ein geschichtsträchtiger Ort, zu Zeiten der DDR wurde hier Fußball gewissermaßen im Hinterhof der Stasi gespielt. Am Stadioneingang sind mehrere Säulen aufgestellt, die auf die wechselvolle Geschichte des Stadions und den Verein Lichtenberg 47 hinweisen. Fast hätte es ja sogar für die 47er ein Finale im eigenen Stadion geben können, sie scheiterten erst im Halbfinale.
Der Veranstalter hatte die Nutzung für maximal 4.999 Zuschauer angemeldet. Das war ausreichend, bei leicht schwülem Sommerwetter fanden 2.739 Zahlende den Weg ins „Zoschke“.
Erneut qualifiziert hatten sich Pokalverteidiger TuS Makkabi aus der Oberliga und der eine Klasse höher spielende Verein FC Viktoria 1889. Da am selben Tag in Berlin das DFB-Pokalfinale stattfindet, müssen die Berliner Finalisten stets zum frühesten Zeitslot am Finaltag antreten. Die Favoritenrolle wollte Viktoria nicht annehmen, da gab es die unangenehme Erinnerung an das Ausscheiden im Halbfinale im vergangenen Jahr 2023. Makkabi gewann nach einem turbulenten Spiel mit 3:2.
Um 11:45 Uhr pfiff der Schiedsrichter Tom Channir vom VfB Pankow die Partie an. Zuvor wurde in einer Gedenkminute dem am 28. April 2024 verstorbenen, langjährigen Berliner Fußball-Präsidenten Otto Höhne gedacht.
Die Anfangsphase des Spiels gehörte dem Oberligisten. Viktorias Trainer Semih Keskin meinte nach dem Spiel, dass seine Mannschaft nervös war. Diese Anfangsnervosität bekamen die Himmelblauen aus der Regionalliga in den Griff und übernahmen das Zepter. Es folgten mehrere verheißungsvolle Torannäherungen. Makkabis Torhüter Jack Krause bekam einiges zu tun, während sein Kollege auf der anderen Seite einen eher ruhigen Arbeitstag bis zur Halbzeitpause verbrachte. Mit einem 0:0 wurden die Seiten gewechselt.
Das erste Tor im Spiel fiel in der 47. Minute. Lukas Falcao scheiterte zunächst mit einem Torschuss, doch Kapitän Berk Inaler schaltete am schnellsten und brachte den Ball über die Linie. Es folgten weitere gute Torchancen für die Viktoria, doch da stand ein Könner zwischen den Pfosten für Makkabi. In seiner unnachahmlichen Art meinte Wolfgang Sandhowe nach dem Spiel. „Unser Torwart hat uns öfter den A… gerettet.“
Viktoria blieb weiter überlegen, konnte aber gute Chancen nicht nutzen. Sandhowe wechselte. Vor allem durch Hereinnahme von Kanto Fitiavana Voahariniaina und Marvin Kupfer wurden die Angriffsversuche der Oberliga-Amateure zwingender. Es sprangen zwei gute Torgelegenheiten dabei heraus. Ein Kopfball und ein Schuss musste Viktoria Keeper Florian Horenburg abwehren. Es wäre jeweils der 1:1 Ausgleich gewesen und es hätte nochmals spannend werden können. Dem Oberligisten schwanden zunehmend die Kräfte. „Leider müssen meine Jungs ja von morgens bis abends arbeiten, die anderen sind Profis und deswegen ich habe gedacht am Ende wird es schwer. Die Anderen sind Profis, die können noch marschieren.“ Diesen Konditionsvorteil nutzte der Regionalligist und machte in der 79. Minute durch die Tore von Falcao sowie in der 87. Minute durch Julien Andre Damelang den Deckel drauf.
Zum besten Spieler des Finales wurde der Kapitän der Viktoria Berk Inaler gewählt. Man sollte auch bei unterlegenen Mannschaft diese Ehrung einführen. Hier hätte der Torwart Jack Krause diese Auszeichnung verdient gehabt.
Neben dem warmen Regen für die Vereinskasse hofft Viktoria auf einen attraktiven Gegner in der ersten Pokalrunde. Auf die nicht ganz ernstgemeinte Nachfrage in der Pressekonferenz, soll es ein schlagbarer Gegner wie Hertha oder ein großer Name sein, antwortete Keskin: „Ein Champions League Teilnehmer wäre nicht schlecht, vielleicht ja Bayern München, dann könnten wir ja mal ins Olympiastadion rutschen.“
Am Schluss bedankte BFV Präsident Bernd Schultz bei den Gastgebern und dem Bezirksamt Lichtenberg. Ein Kompliment, den in Berlin funktioniert ja oft nicht viel bei den Bezirksämtern. Eine gelungene Veranstaltung und dazu ein geiles Spiel, wie das Trainer Unikum Wolfgang Sandhowe ausdrückte. Möge er dem Fußball noch lange erhalten bleiben.
Fotos: © 2024 Hans-Peter Becker