Man müsse immer nach vorn und nicht ewig zurückschauen, so lautet die Devise. Es sind 31 Spieltage geschafft, drei sind noch zu absolvieren. Der Blick voraus ist hochinteressant, wie fast immer in der Schlussphase einer Saison. Energie Cottbus gewann 3:1 in Halberstadt und hat 65 Punkte. Verfolger Rot-Weiß Erfurt verlor dagegen mit 0:2 in Babelsberg und hat 61 Punkte. Vier Punkte Vorsprung sind bei nur drei ausstehenden Spielen vielleicht zu viel. Die Cottbuser werden sich wohl den Meistertitel holen, steigen jedoch in dieser Saison damit nicht automatisch auf. In der kommenden Saison steigt der Nordost-Meister entsprechend der Rotation wieder direkt auf. Aller Voraussicht nach heißt das Aufstiegsduell heuer Energie Cottbus gegen SpVgg Unterhaching aus der Bayernliga. Am Samstag, 13.05.2023, steht in Cottbus das Spiel der Saison an. Rot-Weiß Erfurt ist zu Gast, um 13.00 Uhr ist der Anstoß im Stadion der Freundschaft.
Wer steigt aus der 3. Liga von den nordostdeutschen Vereinen ab? Hoffentlich nur einer, der FSV Zwickau kann den Abstieg wohl nicht mehr vermeiden. Halle hat sich mit dem 1:0-Sieg gegen Ingolstadt am 35. Spieltag etwas Luft verschafft und fünf Punkte Vorsprung vor dem SV Meppen. Wer muss die Regionalliga Nordost verlassen? Tennis Borussia hat mit der 1:3-Heimniederlage gegen Luckenwalde den Abstieg besiegelt, bei diesem Punktestand geht auch rechnerisch nichts mehr. Lichtenberg 47 gewann 4:2 bei Viktoria 89 in Lichterfelde, ist aber mit erst 25 Punkten noch stark gefährdet und wird Energie Cottbus wie kein anderer den Aufstieg wünschen. Am kommenden Spieltag empfängt Lichtenberg Absteiger Tennis Borussia. Eine Partie, jenseits von Gut und Böse, zeitgleich am Freitag, 12.05.2023, im Jahnstadion, treffen die Tabellennachbarn VSG Altglienicke und der BFC Dynamo aufeinander. Beide fuhren am 31. Spieltag Siege ein. Dynamo mit 3:1 über Chemie Leipzig und Altglienicke gewann auswärts 2:1 in Greifswald.
Hertha BSC ist ja mit einer Ausbildungsmannschaft in der Regionalliga vertreten. Die Schützlinge von Ante Covic gewannen, auch ohne ihre Routiniers, 3:0 gegen den ZFC Meuselwitz. Mit 45 Punkten ist für Hertha II eigentlich alles gelaufen. Das Ergebnis des Berlin-Derbys gegen den BAK 07 hat für beide nur statistischen Wert. Herthas Zweite und der gesicherte Klassenerhalt könnte noch eine ganz andere Bedeutung erlangen. Der Verein kämpft mit existenziellen Schwierigkeiten und mit Spannung wird die Mitgliederversammlung am Sonntag, 14.05.2023 erwartet, just zu der Zeit, wo im Poststadion der BAK Herthas Zweite empfängt. Eine bedeutende Rolle wird in der Mitgliederversammlung, dem Ergebnis des Spiels der Bundesligamannschaft in Köln beigemessen werden. Im Falle einer Niederlage wäre der dritte Abstieg seit 1997 so gut wie besiegelt. Die noch ausstehenden drei müssen gewonnen werden, um wenigstens die Chance in der Relegation zu wahren. Das weitaus größere Problem ist, wie die DFL im aktuell laufenden Lizenzierungsverfahren mit Hertha verfahren. In einer an die Süddeutsche Zeitung durchgestochenen Information ist die Rede von „Der schlimmste Fall, den wir je hatten“ und dass der Lizenzierungsprozess „hochkritisch“ verläuft.
Das könnte bedeuten, dass Hertha ohne Lizenz der DFL in der Regionalliga spielen muss. Zum Glück ist dort Hertha mit der Zweiten vertreten, sonst würde es noch weiter nach unten gehen. In der Mitgliederversammlung, da muss man kein Prophet sein, wird es heiß hergehen. Wo sind die Millionen von Lars Windhorst geblieben? Selbst wenn danach gefragt werden sollte, gibt es dafür überzeugende Antworten? Überhaupt „erklären können“ wäre wohl präziser. Welche Beträge da im Raum stehen, erläutert der Journalist Steffen Rohr: „Die neuesten Horrorzahlen gab es Anfang März: Im Finanzbericht für das erste Halbjahr des Geschäftsjahres 2022/23 bilanzierte Hertha ein Minus von 44,6 Millionen Euro, fürs Gesamtjahr wurde ein Minus von 64 Millionen Euro prognostiziert. Die Personalkosten waren im Geschäftsjahr 2021/22 auf Rekordniveau geklettert (97,7 Mio.), die Verbindlichkeiten betrugen zum Stichtag 31. Dezember 2022 insgesamt 90,8 Millionen Euro. Außerdem ist die Rückzahlung einer im Jahre 2018 aufgenommen 40 Mill. Anleihe zu einem Zinssatz von 6,5 Prozent im Herbst 2023 fällig. Da kann man nur dem entlassenen Geschäftsführer Sport Fredi Bobic zustimmen: „Wir hängen wirtschaftlich brutal.“ Das Geld ist jedenfalls erst einmal weg.
Christian Zschiedrich