Hertha BSC geht in eine ungewisse Zukunft

Ein Neuanfang muss sein. Der ist bei einem Abstieg, wie gewöhnlich eine Klasse tiefer, nicht einmal das Allerschlimmste. Hertha muss sich von vielen Ungereimtheiten erholen. Wäre da nicht die immer näher rückende Gefahr, ohne Lizenz für die Bundesliga in der Regionalliga beginnen zu müssen. Da kann Hertha ja von Glück reden, dass sie eine Ausbildungsmannschaft in der Regionalliga haben, sonst wäre Kreisliga A angesagt. Je tiefer, umso unrealistischer ist, sofort wieder eine Aufstiegsmannschaft bei der finanziellen Not verpflichten zu können. Die über sieben Stunden lange Mitgliederversammlung am Sonntag, 14. Mai 2023 vor 1500 Mitgliedern in der Messehalle am Funkturm konnte die Ängste nicht beruhigen, eher im Gegenteil. Im Vorfeld wurde dem neuen Präsidenten Kay Bernstein Machtgehabe und obendrein fehlende Fachkompetenz und Führungsversagen vorgeworfen. Bernstein lud die Schuld auf seine Vorgänger in der Vergangenheit ab: „Ein Irrsinn. 250 Millionen Euro wurden verbrannt!“ Die Zusammenarbeit mit 777 sei alternativlos. Der Austausch mit der DFL läuft.

In der Tat stehen Befürchtungen ins Haus, über 90 Millionen Verbindlichkeiten, die fällige Rückzahlung der Anleihe in Höhe von 40 Millionen, die Lizenz wackelt da gewaltig. Hertha möchte die Akte Windhorst schließen. Bernstein dankte ihm unter dem Gejohle für sein Geld. Der sportliche Erfolg blieb seit Jahren für 375 Millionen Euro aus. Die Versammlung ließ keine Abstimmung über diverse Abwahlanträge zu. Das Präsidium bleibt im Amt. Auch Ex-Manager Fredi Bobic bekam seit Fett weg, insbesondere von Andreas „Zecke“ Neuendorf, der den neuen Berliner Weg beschwor.

Zum Sportlichen: Zu 99 Prozent folgt der siebente Abstieg seit 1963, 25 Punkte als Tabellenletzter sprechen bei zwei ausstehenden Spielen eine deutliche Sprache. Bis zum rettenden Ufer fehlen mit dem zweitschlechtesten Torverhältnis sechs Punkte. Natürlich erhoffen sich alle am kommenden Samstag, 20. Mai gegen den Mitkonkurrenten VfL Bochum, einen Sieg. Das reicht nicht. Es könnten bereits am vorletzten Spieltag die beiden direkten Absteiger feststehen. Hertha muss am letzten Spieltag nach Wolfsburg. Nicht nur gegen Bochum, sondern auch in Wolfsburg müsste gewonnen werden. Bochum müsste auch zu Hause gegen Leverkusen gewinnen und Stuttgart müsste zu Hause gegen Hoffenheim verlieren. Es ist eben unbefriedigend, zudem auf Hilfe anderer angewiesen zu sein. Daran ist Hertha selbst schuld.

Es passt wirtschaftlich in dieser Saison nicht, auch sportlich ist es nicht besser. Wer mag da noch an Wunder glauben. Für die Regionalliga im Amateurstadion reicht es, vielleicht.

Christian Zschiedrich

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Christian Zschiedrich

Er kann von sich mit Fug und Recht behaupten, immer ein Leben für und durch den Sport geführt zu haben. Er spielte Fußball, nicht mal untalentiert, brachte es dabei zu einigen Ehren, studierte Sport in Leipzig, arbeitete als Sportlehrer und trainierte Fußballmannschaften. Zwischendurch erwarb er beim DFB seine Trainerlizenz. Nach und nach entdeckte er dabei sein Herz für den Sportjournalismus, schrieb Artikel für verschiedene Zeitungen und hob in Berlin eine eigene Sportsendung im Lokal-TV aus der Taufe. Über 2.000 Sendungen wurden unter seiner Leitung produziert. An`s Aufhören verschwendet er keinen Gedanken, schließlich bietet das Internet viele neue Möglichkeiten.

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