Eisern im Abstiegskampf – ein Zwischenfazit

Das Weihnachtssingen fällt nach dem Sieg über den 1. FC Köln wohl nicht ganz so traurig aus. Über Weihnachten stehen die Eisernen nicht auf einem Abstiegsplatz. Aktuell wäre mit Platz 15 in der Bundesliga-Tabelle das Minimalziel für diese Saison erreicht. Gemessen an der vorigen Spielzeit fällt die Bilanz eher mau aus. Von den 15 absolvierten Spielen (eine Partie gegen die Bayern wird nachgeholt) wurden 13 Punkte geholt, im vorigen Jahr waren es 27. Nur so als kleiner Einschub, Hertha hatte damals eine Bilanz von 14 Zählern aufzuweisen.

Wie ist der doch recht tiefe Fall der Eisernen zu erklären? Erwies sich gar das Erreichen der Champions-League gar als Pyrrhussieg? Oliver Ruhnert hatte die Aufgabe eine Mannschaft zusammenzustellen, die in der höchsten europäischen Spielklasse nicht nur Kanonenfutter ist und in der Bundesliga den Schritt in die gehobene Mittelklasse vollziehen sollte. Finanziell konnte etwas höher ins Regal gegriffen werden. Prominentester Neuzugang war der 20zigfache deutsche Nationalspieler Robin Gosens, der laut Transfermarkt.de für 13 Millionen EUR aus der italienischen Liga geholt wurde, der Portugiese Diego Leite kostete 7,5 Mill. und Kevin Volland 4 Mill.. Der Gesamtmarktwert des Kaders stieg von 157,95 auf 167,15 Mill. EUR. Diese Zahlen haben sich bisher nicht auf die sportliche Qualität ausgewirkt.

Der Start war gelungen, dann folgte eine Serie von neun Niederlagen in Folge, vom 3. bis zum 11. Spieltag. Die Niederlage in Leverkusen war das Ende der Ära von Urs Fischer. Zum 14. Spieltag übernahm Nenad Bjelica das Traineramt und holte zwei Heimsiege, gegen Mönchengladbach und den 1. FC Köln. Gegen die Kölner wurde gewonnen, allerdings hatte das Spiel eine Qualität, die der Bundesliga nicht würdig ist. Ein herausragender Torwart und die individuelle Klasse eines David Datro Fofana machten diesen Grottenkick für die Anhänger der Eisernen erträglich. Dass die Niederlage der Kölner das Ende von Steffen Baumgart als Trainer der Domstädter bedeutete, gehört zur Ironie des Schicksals.

Im Kader soll nachgebessert werden, Oliver Ruhnert soll entsprechend auf der Suche sein. Es sind vor allem Mentalitätsspieler gefragt, wenn ein Gosens geklont werden könnte, wäre ein Problem in Mittelfeld und Abwehr gelöst. Der Kaderplaner leistete sich einige Fehlgriffe. Die namhaften Neuzugänge konnten bisher nicht die Qualität der Mannschaft heben, eher im Gegenteil.

Zwei Faktoren waren bislang für den kometenhaften Aufstieg in der Bundesliga verantwortlich, die mannschaftliche Geschlossenheit und ein dichter Abwehrriegel. In der gesamten Saison 2022/23 ließen sie 38 Gegentore zu, bislang haben sie bereits 31 kassiert. Das sind etwas mehr als zwei Gegentore pro Spiel. Lediglich im letzten Spiel in diesem Jahr gelang es der Abwehr, ohne Gegentor zu bleiben. Die Kölner stellen aktuell, mit nur zehn erzielten Treffern, den schwächsten Angriff der Liga.

Die Winterpause ist kurz, trotzdem braucht es an der Alten Försterei einen Neustart und Veränderungen im Kader. Nachgebessert werden soll im Mittelfeld. Hier fehlte es zu oft an der nötigen Kreativität. Die längere Rotsperre von Rani Khedira tat ihr Übriges. Das Angriffsspiel lebte von hohem Pressing und daraus resultierenden Umschaltmomenten.

Die Kadergröße von 28 Profis soll nicht weiter überschritten werden. Heftig spekuliert wird über einen möglichen Abgang von Sheraldo Becker bereits zur Winterpause. Im Sommer wäre er ablösefrei. Blöd nur, dass sein Marktwert auf der für ihn durchwachsenen Hinrunde gesunken ist.

Es ist ein Vorteil, dass sich die Unioner voll auf die Bundesliga konzentrieren können. Im Pokal sind sie bereits ausgeschieden. Es liegen noch 19 Spiele an, 57 Punkte sind zu vergeben.

Hans-Peter Becker

Avatar von Hans-Peter Becker

Foto: © Hans-Peter Becker

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert