Hertha braucht jetzt jegliche Unterstützung

Noch kann Berlins Bundesligist gerettet werden, doch die Lage ist bitterernst. Die Enttäuschung über den selbsternannten Big City-Club kann nach der Horror-Woche hör- und lesbar kaum schlimmer sein. Nicht nur für die eigenen Fans sind die Leistungen und das Auftreten nicht nachvollziehbar, der Image-Verlust ist enorm groß. Wo stünde denn der Hauptstadtclub, wenn Lars Windhorst nicht als großzügiger Sponsor eingetreten wäre?

Selbst die eigenen treuen Mitglieder sind Hertha momentan leid. Einige Ultras stürmten vor dem Bayern-Spiel ein nicht öffentliches Training und wollten dabei einige Spieler zur Rede stellen. Es sollen, wie erst jetzt bekannt wurde, etwa 80 Anhänger aus der organisierten Fanszene gewesen sein. Das sind alles keine guten Nachrichten.

Das 1:4 gegen die Bayern war noch „schmeichelhaft“. Die Pokalschmach im Derby gegen Union und die vorangegangene 1:3-Pleite gegen Köln, da werden böse Erinnerungen wach. Die Kommentare in der Presse. „Chancenlos“ ist zwar treffend, aber noch milde ausgedrückt. „Harmlos“, keine Spielidee, ständig wechselnde Startaufstellungen, wo soll das hinführen.

Geht die Partie gegen den VfL Bochum auch verloren, kommen die Sehnsüchte nach Pal Dardai und Bruno Labbadia hoch. Zwei Trainer von insgesamt 12 in den letzten 10 Jahren. Die Chemie zwischen Fredi Bobic und Pal Dardai stimmte nicht mehr oder noch nie so richtig, geholt wurde Korkut, ein anderer Trainertyp. Intern wird gemunkelt, nachzulesen in einer großen deutschen Sport-Illustrierten, dass es einige Profis geben soll, die den Trainer nicht ernst nehmen.

Beim Aufsteiger VfL Bochum werden Herthas Akteure erneut erfahren, was Kämpfen heißt. Auf dem Papier ist Hertha natürlich auf jeder Position stärker besetzt, es fehlte bisher an Geschlossenheit, zu viele Gegentore wurden bereits in der Anfangsphase kassiert, so konnte ein eigener Matchplan zu selten realisiert werden.

Bleibt Hertha nach dem 21. Spieltag weiter bei 22 Punkten stehen? Ich wünschte, es käme anders. Man könnte sich etwas vom Druck befreien, zumal anschließend der nächste Aufsteiger auf dem Plan steht. Gegen Schlusslicht Fürth, zuletzt mit aufsteigender Formkurve, ist auch noch nicht gewonnen. So ist die Frage berechtigt: Gehört Hertha wirklich noch in die Bundesliga? Warten wir die nächsten Spiele ab, sie sind ein Wahrsager, es muss gepunktet werden.

Letztendlich stehen noch einige Getreue zu ihrer Hertha und drücken dem Club die Daumen. Das ist nach Lage der Dinge mehr denn je nötig. Dass Berlin einen zweiten erfolgreichen Bundesliga-Club hat, ist kein Trost, es tut den Herthanern sogar im Herzen weh.

Christian Zschiedrich

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Christian Zschiedrich

Er kann von sich mit Fug und Recht behaupten, immer ein Leben für und durch den Sport geführt zu haben. Er spielte Fußball, nicht mal untalentiert, brachte es dabei zu einigen Ehren, studierte Sport in Leipzig, arbeitete als Sportlehrer und trainierte Fußballmannschaften. Zwischendurch erwarb er beim DFB seine Trainerlizenz. Nach und nach entdeckte er dabei sein Herz für den Sportjournalismus, schrieb Artikel für verschiedene Zeitungen und hob in Berlin eine eigene Sportsendung im Lokal-TV aus der Taufe. Über 2.000 Sendungen wurden unter seiner Leitung produziert. An`s Aufhören verschwendet er keinen Gedanken, schließlich bietet das Internet viele neue Möglichkeiten.

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