Tegeler Gespräch mit Jürgen Trittin

Alles muss anders bleiben

Es übertraf alle Erwartungen, ein voller Saal in den Tegeler Seeterrassen, ein großer Erfolg. Zum 75. Mal, die Veranstaltungsreihe „Tegler Gespräch“, die geplanten Länge wurde etwas überzogen. Der Gast Jürgen Trittin und Moderator Andreas Dorfmann ließen keine Langeweile aufkommen.

Eingeladen vom Veranstalter Dirk Steffel lauschte ich dem Politik-erfahrenen Trittin und seiner fesselnden Redekunst. Etliche Sportler aus Nordberliner Vereinen waren unter den Anwesenden. Der Saal war bis auf den letzten Platz gefüllt. Man sparte nicht mit Beifall für seine Ausführungen zur Bundestagswahl. Interessant waren seine persönlichen Einschätzungen zu „seiner“ Partei, der Grünen. Damit dem Verein „Tegeler Gespräch e.V.“ als Veranstalter keine Wahlwerbung vorgeworfen werden kann, fand die Veranstaltung, wie Dirk Steffel verriet, mit Absicht erst nach erfolgter Wahl statt. Seine Analyse leitete Trittin mit den Worten ein: „Ich bin kein Politiker mehr, kann mir also das Erlauben auszusprechen, was in der aktiven Zeit nicht über die Lippen kommen konnte.“ Dennoch galt er als einer von den Wenigen, die kein Blatt vor dem Mund nahmen. Er war Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit a.D. und Mitglied des Bundestages 1998 bis 2024. Als Abgeordneter hatte er einen Aufgabenbereich, wie er es nannte, als „Flüchtlingsminister“.

Diese Erlebnisse, sind nachzulesen in seinem Buch „Alles muss anders bleiben“, eine Autobiografie, die 2024 erschienen ist. Wer wollte, konnte das Buch nach der Talkrunde mit Andreas Dorfmann für 25 € erwerben. Über seine Ministerjahre in Niedersachsen, der ersten Rot-Grünen Bundesregierung unter Gerhard Schröder, von den langen Jahren in der Opposition und schließlich der Dreier-Koalition mit SPD und FDP sind interessante Fakten und Zusammenhänge beschrieben. Er wirbt darin für sein Konzept der „werte geleiteten Realpolitik“, die durch Veränderung Sicherheit schaffen soll.

Christian Zschiedrich

Bei dem Wort Sicherheit konnte ich nicht mehr an mich halten. Es waren vor der Talkrunde Zettel an die Zuschauer verteilt worden. Dort konnten Fragen notiert werden. Ich hatte einen solchen Zettel vorher nicht ausgefüllt. Doch mitten im Gespräch traute ich meinem Handy kaum. Ich bekam die Mitteilung, Eklat in Amerika, im Weißen Haus. In Washington setzten Donald Trump und dessen Vize JD Vance, Wolodymyr Selenskyj, den Präsidenten der Ukraine, vor die Tür, eine öffentliche Demütigung. Damit platzte ich in die Talkrunde, laut und deutlich zum Verständnis für den ganzen Saal. Moderator Andreas Dorfmann nickte und erlaubte mir, Jürgen Trittin zu fragen, was er dazu und über Präsident Selenskyj zu sagen habe. Trittin antwortete spontan und ausführlich und bekam Beifall für seine Feststellung, das Problem sei nicht Selenskyj, sondern Trump.

In der Mitteilung stand, mit Mafia-Methoden sei Selenskyj in den Hinterhalt gelockt worden. Und ich frage alle diejenigen, was sind das für Charaktere, die Wahrheiten ins Gegenteil verkehren wollen, Opfer zu Angreifer machen, nicht hören wollen, was Putin in der Entwicklung selbst von sich gibt. Kann das auf Dauer gutgehen? Vielleicht besinnt man sich schon in den nächsten Wahlen.

Text und Fotos: © Christian Zschiedrich

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert