Das Datum hätte wohl besser nicht passen können. Der 9. November ist ein Schicksalstag in der neueren deutschen Geschichte, Ausrufung der ersten Republik, gescheiterter Hitlerputsch, Reichspogromnacht und zuletzt der Fall der Berliner Mauer. Der 9. November 1989 fiel auf einen Donnerstag, 36 Jahre später verzeichnete der Kalender einen Sonntag. Im Berliner Olympiastadion wurde das erste reguläre Spiel der National Football League ausgetragen. Die Indianapolis Colts trafen auf die Atlanta Falcons. Vor dem Spielbeginn wurden alle Stadionbesucher Teil einer Choreo. Jeder hielt ein Plastikteil in die Höhe oder wedelte mit einem Winkelement, so sah der TV-Zuschauer die amerikanischen und deutschen Farben, mittendrin das Logo der NFL, der wohl reichsten Sportliga der Welt.

Vier Stunden vor dem offiziellen Spielbeginn um 15:30 Uhr setzte sich ein bunter Haufen von Fans dieser Sportart in Bewegung. Teilweise wirkte das Ganze wie ein lebendes Merchandise Museum von Vereinen der NFL. Die Stadiontore öffneten vor dem angekündigten Einlassbeginn. Probleme waren nicht zu erwarten und das hatte einen einfachen Grund, hier mussten keinen Fangruppen isoliert werden oder Ultras extra überwacht werden. Die anwesende Polizei konnte sich auf allgemeine Sicherheitsaufgaben konzentrieren und hatte einen Infostand für Interessenten für den Polizeiberuf errichtet.
Nach dem Passieren der Sicherheitsschleusen und mehrmaligen Vorzeigen der astronomisch teuren Tickets (zwischen 83 und 375 EUR), die nur auf einem Smartphone geladen werden konnten, wurde die Zeit bis zum Spielbeginn nicht lang. Unzählige Stände mit Essen, Aktivitäten und Merchandise luden zum gucken oder kaufen ein. Die Preise waren den Tickets angemessen, für ein Bier von Anheuser-Busch war ein Literpreis von stolzen 16 EUR fällig. Wer etwas Hunger bekam, musste für Currywurst 14 EUR abdrücken. Bezahlt werden konnte nur bargeldlos, per EC- oder Kreditkarte, selbst die mobilen Bierverkäufer hatten ein Kartenlesegerät in der Hosentasche.
Beim sportlichen Teil kamen die Anhänger dieses Spieles voll auf ihre Kosten. Es war spannend und erst in der Verlängerung fiel die Entscheidung zugunsten der Colts aus Indianapolis. Nach der regulären Spielzeit stand es 25 zu 25. Ein Touchdown brachte die Entscheidung, so gewannen die Colts ihr Heimspiel in Berlin mit 31:25. Das Stadion leerte sich etwas langsamer. Viele wollten einfach die Atmosphäre noch ein bisschen länger genießen. Diese perfekte Mischung aus Sport und Show, das macht der NFL wohl keiner nach.
Berlin hat einiges investiert, um dieses Event möglich zu machen. So mussten neue Duschen eingebaut und die Mannschaftskabinen vergrößert werden. In einem Spieltagskader stehen 50 Aktive und hinzukommen ca.100 Offizielle, Trainer und medizinisches Personal. Es ist halt alles etwas größer in Übersee. Aus Sicht der Fans darf gerne eine Wiederholung folgen. Berlin hat alles dafür getan, in den Jahren 2027 und 2029 soll es wieder so weit sein.
Hans-Peter Becker
