Hertha, mit null Punkten nach zwei Spielen in die Saison gestartet, steht besser da als die Frauen-Nationalmannschaft, mit zwei Niederlagen und ausgeschieden in der WM Vorrunde. Hertha darf weiter in der 2. Liga mitspielen und musste am Saisonanfang zum Glück noch keine Ko-Spiele bestreiten. Nun vergleicht der Zschiedrich Hertha BSC größenwahnsinnig schon mit der Frauen-Nationalmannschaft, höre ich die Kritiker sagen. Bloß nicht, ich vergleiche lediglich die Ursachen und Wirkung, da präsentierte sich Hertha wesentlich besser, als das Nationalteam.
Die Niederlage der Frauen gegen Kolumbien endete in Selbstherrlichkeit. Meinem Sohn gegenüber und in meinem sportbegeisterten Umfeld betonte ich, dass es nun klarer Signale bedarf, am besten zwei Spielerinnen nach Hause zu schicken, von denen, die anscheinend gar nicht wussten, worum es ging und was es bedarf, Weltmeister zu werden – nämlich, stets einer geschlossenen, konzentrierten Mannschaftsleistung. Wie kann man bei der allerletzten Gelegenheit, bei einem Eckball für den Gegner, träumerisch lustwandeln und jede Zuordnung vergessen. Das ist Größenwahn und kein Anfängerverhalten.
Die letzte Chance, mit einem Sieg im Spiel gegen Südkorea, doch noch das Achtelfinale zu erreichen, musste ganz anders angegangen werden. Ich hätte Torschussübungen über Torschussübungen trainieren lassen und das Team ins Match geschickt, wirklich aus allen Lagen zu schießen, auch mal mutig aus der zweiten Reihe, um mögliche Abpraller zu verwerten. Bedeutet bei sogenannten zweiten Bällen musste schnell schaltend hinterhergegangen werden. Habt ihr, liebe Fußballfreunde mal beobachtet, wie die Deutschen umgeschaltet haben und wer den Angriffen hinterhergegangen ist, sich etwa geschlossen im Spiel nach vorn eingeschaltet hat?
Für mich jedenfalls ganz auffällig, wie geschlossen die Koreanerinnen gemeinsam den Spielaufbau der Deutschen verhindert haben, ebenso die eigenen Angriffsaktionen alle unterstützt und sofort alle im Spurt umgeschaltet haben, um bei Ballverlust, die Deutschen schon in ihrer Hälfte oder noch früher zu stören. Sie stellten sich nicht etwa hinten rein und ließen etwa die behäbigen Deutschen kommen. Das müssen die Schützlinge von der sonst imponierenden Trainerin Voss-Tecklenburg erwartet haben. Südkorea hätte sogar mit dem ersten Angriffsball in Führung gehen müssen und dann beim 1:0 schlief die keineswegs aufmerksame oder gar deckungstreue Mannschaft, sodass die Gästeführung zwangsläufig kommen musste.
Ich fragte mich, wie „menschlich“ hätte ich an der Seitenlinie reagiert? Bei der großartigen Reaktion von Torsteherin Ann-Katrin Berger, den Ball gerade noch an den Pfosten gelenkt, wäre ich wohl draußen bereits „geplatzt“. Hätte getobt und geschrien „Alle aufwachen“! Der Reihe nach hätte sie mindestens fünf Namen rufen müssen. Voss-Tecklenburg zeigte gewiss eine enttäuschte Miene, ansonsten sah es so aus, als hätte sie in dem Moment ihre Spielerinnen am liebsten in den Arm genommen. So eine Situation muss sie wohl noch nie erlebt haben.
Und nun zur Hertha: Wesentlich besser plädierte ich ja bereits eingangs. Erfahrungsgemäß gehen solche Spiele immer mal wieder verloren. Nicht nur mir gefiel, mit welcher Einstellung der Absteiger gegen den Aufsteiger zu Werke ging. Ein zurückgenommener Elfer, ein Lattenschuss und knapp ihr Ziel verfehlende Abschlüsse kamen hinzu. In völliger Übereinstimmung verweise ich auf den Bericht hier auf unserem Portal von Hans Peter Becker. Wehen wird im Verlaufe der Saison so manchem das Fürchten lehren. Meine Meinung über Hertha: Die Berliner werden trotz des Fehlstarts keineswegs durchgereicht. Ganz wichtig sogar, das Spiel der Hertha ist wieder sehenswert, echt gut anzuschauen, auch wenn etliches noch ineinandergreifen muss.
Der Aufsteiger, kein großes Zugpferd, verteidigte nicht nur und wann sah man denn Hertha so voller Willen in letzter Zeit mal angreifen? Ein Spiel, das für gut 40.000 Besuchern vom Verlauf her, mit guten statistischen Werten, spannend dargeboten wurde. Gegen „größere“ Mannschaften werden es hoffentlich bald mehr Zuschauer im Olympiastadion sein. Natürlich sind die nächsten Begegnungen, natürlich auch das Pokalspiel in Jena beim Drittligisten, von Bedeutung. Das ZDF beorderte meinen Sohn übrigens nach Jena. So unglücklich wie gegen Wehen wird es, mit einem Tor in der Nachspielzeit, garantiert nicht immer ausgehen. Allerdings, Pokalspiele sind Ko-Spiele! Wir stöbern deshalb nicht erst großartig in Erinnerung. Schau’n wa mal…
Christian Zschiedrich