Der erhoffte Sturz des Hertha-Präsidenten

Heute ist am 21. März 2022 ein besonderer Tag für mich und Hertha BSC. Ich schlage gleich mehrere Zeitungen und Zeitschriften auf und lese in großen Lettern, dass es Herthas Präsidenten Werner Gegenbauer an den Kragen gehen soll. Es scheint eine Genugtuung für viele Menschen zu sein. Über meine Mutter steht nichts in den Gazetten. Es ist die Wiederkehr ihres Todestages vor 39 Jahren. Ich denke gern an sie zurück. Mit Hertha allerdings hatte ich bekanntermaßen so meine Sorgen, konnte mir nicht vorstellen, dass ein Journalist auf Lebenszeit von einem Verein suspendiert werden kann. Im Grunde hatte ich nichts Schlechtes getan, sondern nur seinen Präsidenten kritisiert und wie sich nun herausstellen könnte, völlig zu Recht.

Vereinsfreunde öffneten mir die Augen: „Du bist der Einzige, der bei Hertha noch seine Meinung offen sagen kann. Dir kann Gegenbauer existenziell nichts mehr anhaben!“ Aber, ich war zu schwach, um mich mit ihm erfolgreich anzulegen. Dennoch war ich in den letzten Jahren derjenige, der sich den Mund nicht verbieten ließ. Unter der Hand wurde geflüstert, der schwerreiche Präsident half so manch existenziell Bedrohten in schwierigen Situationen. Die Vorstellung, ich hätte finanzielle Überlebenshilfen bekommen, wäre es dann möglich gewesen gegen den Unterstützer und Förderer Fakten zu recherchieren und zu veröffentlichen? Abhängigkeiten werden aktuell zur Genüge diskutiert. Ich war zum Glück nicht abhängig.

Chefredakteur Christian Zschiedrich. Foto Sportick

Ich hoffte jedoch, meine und die Zeit der Kritiker wird kommen. In meinen letzten Beiträgen wies ich immer wieder darauf hin, die Geschichte mit Lars Windhorst und Werner Gegenbauer kann auf Dauer nicht gutgehen. Mir war zugetragen worden, dass es in jeder Berliner Sportredaktion und selbst im Verein Hertha BSC Geschädigte mit Wut im Bauch gab, die nur auf den richtigen Moment gehofft haben. Sie schlossen mit sich selbst ein Stillhalteabkommen. Ich frage mich, kann Gegenbauer den anstehenden Machtkampf mit seinem Geld gewinnen. Er muss es doch gar nicht. Ab in die Schweiz, die Füße hochgelegt und den Lebensabend genießen. Von der Macht besessene Menschen können das wohl nicht.

Genau das ist der Punkt, den der Investor Lars Windhorst betont. Gegenbauer ginge es in erster Linie nicht um den Verein, sondern um seinen Machterhalt. Das hörte ich bereits früher aus dem Präsidium. Nur waren die Herren waren nicht im Besitz von 64,7 Prozent der Anteile an der Hertha BSC KGaA. Gegenbauer wurde im Herbst 2020 mit nur 54 Prozent der Stimmen als Vereinsboss knapp wiedergewählt. Zitiert sei hier Windhorst-Sprecher Andreas Fritzenkötter, dass auf der Mitgliederversammlung im Mai „sicher etwas passieren“ müsse. Die Fragen, die seitens des Investor Windhorst an Gegenbauer gestellt wurden, wo das Geld, die 375 Millionen Euro, in so kurzer Zeit geblieben ist, seien unbeantwortet geblieben. Dazu kurz und bündig Fredi Bobic: „Das Geld ist weg“!  

Windhorst möchte auf die positiven Effekte eines Neustarts setzten. Für diesen “Neustart brauchen wir auch an der Spitze und deren Gefolgsmänner geeignete Kandidaten.“ Von einem neuen Boss macht Windhorst zudem weitere Finanzspritzen abhängig. Der Hertha-Präsident müsse gestürzt werden. Die Zusammenarbeit mit Werner Gegenbauer erklärt Lars Windhorst für sich selbst als beendet. In den entsprechenden Gremien wird er sich vertreten lassen.

Christian Zschiedrich

Veröffentlicht von

Christian Zschiedrich

Er kann von sich mit Fug und Recht behaupten, immer ein Leben für und durch den Sport geführt zu haben. Er spielte Fußball, nicht mal untalentiert, brachte es dabei zu einigen Ehren, studierte Sport in Leipzig, arbeitete als Sportlehrer und trainierte Fußballmannschaften. Zwischendurch erwarb er beim DFB seine Trainerlizenz. Nach und nach entdeckte er dabei sein Herz für den Sportjournalismus, schrieb Artikel für verschiedene Zeitungen und hob in Berlin eine eigene Sportsendung im Lokal-TV aus der Taufe. Über 2.000 Sendungen wurden unter seiner Leitung produziert. An`s Aufhören verschwendet er keinen Gedanken, schließlich bietet das Internet viele neue Möglichkeiten.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert